Befreiungsschlag für Kangaroos

Sonntag, 16. Februar 2014, 11:09 Uhr Thorsten Franzisi

Dabei kamen die 350 Zuschauer in der Osterfeldhalle eine Partie geboten, die dem Prädikat „Abstiegskrimi“ über 40 Minuten hinweg mehr als gerecht wurde.

Beide Trainer konnten personell nicht aus dem Vollen schöpfen. Auf Seiten der Gäste machte sich der US-Amerikaner Billy Mc Shepard zwar warm, brach dieses Unterfangen dann aber kurz vor dem Anpfiff ab. Da die Vorderpfälzer allerdings ohnehin vier Ausländer im Kader haben, von denen ja nur zwei auf dem Spielfeld stehen dürfen, standen mit Tarver und dem überraschenden starken Varagic aber zumindest Alternativen bereit. Bei der BG versuchte Michael Hoffmann trotz Knieverletzung zu spielen, gab erst wenige Sekunden vor dem Anpfiff Coach Badnjevic grünes Licht. Bereits im zweiten Viertel war aber auch hier Schluss, Hoffmann musste vom Feld. Dazu ging Brandon Provost ebenfalls mit lädiertem Knie angeschlagen in die Partie, da war es um so wichtiger, dass Alex Bazzell nach fünfwöchiger Verletzungspause sein Comeback gab.

Speyer überraschte die Kangaroos dann gleich einmal mit einer Raumverteidigung, gegen die Leitershofen viel zu pomadig agierte. Demzufolge benötigte man sage und schreibe sechs Minuten, ehe Brandon Provost per Dreier zum ersten Mal traf – da leuchtete bereits ein 0:11 Rückstand von der Anzeigetafel. Anschließend überboten sich beide Teams in einer Fehlpassorgie, man bemerkte nun deutlich, wie viel auf dem Spiel stand, Nervosität und Verunsicherung waren Trumpf bei allen Akteuren. Trotzdem kämpfte sich die BG heran, bis zur 19. Minute verkürzte man den Rückstand auf 30:31, um dann leichtsinnig den Gästen drei weitere Körbe zu überlassen und wieder mit acht Punkten Zählern Rückstand in die Halbzeit zu gehen.

Nach dem Seitenwechsel dann ein ähnliches Bild. Speyer erwischte den besseren Start und baute die Führung auf 44:32 aus. Dann ging jedoch ein Ruck durch das Team der Leitershofer, insbesondere weil Kapitän Alexander Chalusiak nun zum großen Kampf blies. Der 23-jährige, der im bisherigen Saisonverlauf auch bereits mehr als einmal mit seiner eigenen Leistung gehadert hatte, trieb die Seinen nun nach vorne. Chalusiak war überall, beim Rebound, beim Ballverteilen, beim Fast-Break und dann auch noch beim spektakulären Dunking. Dazu fand er mit Kevin Wysocki einen Mitstreiter, der den Ball aufnahm, seine ganze Erfahrung einbrachte und 17 seiner gesamt 19 Punkte im zweiten Abschnitt markierte. In dieser Phase kristallisierte sich ein neues Center-Pärchen bei der BG heraus. Wysocki wechselte für den verletzten Hoffmann auf die Position vier und Sebastian Woelki löste Nedim Hadzovic auf der Fünf ab, einfach deswegen, weil Woelki wesentlich mehr Kampfkraft auf das Feld brachte und aufopferungsvoll gegen die Pfälzer Riesen Smallwood und Tarver unter dem Korb dagegenhielt. Und Kampf war nun der Faktor schlechthin in dieser Partie. Die Begegnung wurde spielerisch nicht unbedingt besser, aber dafür von Minute zu Minute spannender. Die Gäste pflückten angesichts der Größenvorteile mehr Rebounds (53:28, Smallwood alleine 17 !), der BG gelangen dafür mehr Ballgewinne. Der Rückstand verringerte sich nun von Minute zu Minute, 50:51 stand es nach dem dritten Viertel, und in der 35. Minute brachte – natürlich Chalusiak - dann per Freiwürfe die Seinen mit 59:57 in Front.

Beim Stand von 63:63 ging es in die letzten zwei Minuten. Beide Mannschaften überboten sich bis dahin mit Fehlwürfen von der Freiwurflinie. Daraus resultierte das probate Mittel, per Foul den Gegner eben an die Linie zu schicken. Die BIS Baskets trafen in dieser Phase gerade einmal einen von sechs Versuchen, die Leitershofer auch nur drei von acht. Als Speyer sechs Sekunden vor dem Ende durch Tarver – dieses Mal per Feldkorb – auf 66:66 ausglich, nahm BG-Coach Badnjevic seine letzte Auszeit. Kevin Wysocki zog danach zum Korb und wurde drei Sekunden vor dem Ende gefoult – zwei weitere Freiwürfe also. Zum Entsetzen der Fans traf der erste Versuch nicht einmal den Ring, jedoch behielt Wysocki die Nerven und verwandelte den zweiten Versuch sicher. Da Speyer keine Auszeit mehr hatte entfiel der Einwurf im Vorderfeld, der letzte Schuss durch Kapitän Stoll erfolgte von der Mittellinie und verfehlte sein Ziel deutlich. Der Jubel in der Osterfeldhalle war dann natürlich entsprechend groß.

Unglaublich die Freiwurfquote beider Teams: Leitershofen schaffte gerade einmal 42% Trefferquote, Speyer sogar nur 33%. Pro B Quoten sehen in der Regel anders aus – aber es war eben ein Abstiegskrimi. Mit dem Erfolg hat die BG den Rückstand auf den Nicht-Abstiegsrang auf drei Siege verkürzt. Dies ist immer noch ein gehöriges Pfund, aber zumindest hält man die Chance weiterhin offen. Für die Leitershofer warten nun wieder zwei Auswärtsspiele in Dresden und Frankfurt, ehe zum letzten Spiel der Vorrunde am 8. März Baunach nach Stadtbergen kommt. Eine Woche später beginnt dann die Abstiegsrunde, gut möglich, dass dann gleich wieder Speyer erster BG-Gegner in der Osterfeldhalle sein wird.

Für die BG TOPSTAR Leitershofen/Stadtbergen Spielten: Nico Breuer, Provost (7/1 Dreier), Chalusiak (16), Petersen, Wysocki (19/1 Dreier), Woelki (3), Hoffmann (2), Hadzovic (4), Julian Breuer, Bazzell (16/2 Dreier).

Stimmen zum Spiel:
BG-Headcoach Adnan Badnjevic:
„Das war heute Abstiegskampf pur. Wir haben lange Zeit die Nervosität nicht ablegen können und entsprechend auch nicht gut gespielt. Dann haben wir das gemacht, was man machen muss, wenn man hinten drin steht, nämlich gekämpft und gebissen. Alex Chalusiak hat das Team dann herausragend geführt und zusammen mit Kevin die Verantwortung übernommen. Aber auch Sebastian Woelki hat am Brett geschuftet und gerackert wie ein Verrückter. Alex Bazzell hatte auch ein gutes Comeback und wird mit etwas mehr Spielpraxis noch besser, bei Brandon hat man bemerkt, dass er nicht ganz fit war.“

Kangaroo Geschäftsführer Johannes Dolpp: „Wir standen heute mit dem Rücken zur Wand, der Druck war fast unermesslich. Denn mit 10 Punkten Rückstand auf Speyer hätte wohl keiner mehr geglaubt, dass noch etwas geht. Wie die Mannschaft das dann in der zweiten Halbzeit gelöst hat war beeindruckend, man hat Speyer wahrlich niedergerungen und am Ende das Glück des Tüchtigen gehabt. Wenn wir weiter diese Einstellung aufs Feld bringen dürfen wir auch weiter an uns glauben.“

BG-Kapitän Alexander Chalusiak: „Wir haben eine Weile gebraucht, um die Marschroute des Trainers umzusetzen. In der zweiten Halbzeit haben uns die Fans sensationell unterstützt, das hat zusätzlich Kräfte frei gemacht. Vielen Dank dafür. Der Sieg ist gut für unser Selbstvertrauen, wir schauen jetzt einfach von Spiel zu Spiel.“

BG-Forward Kevin Wysocki: „Die Wurfquoten gerade von der Dreier als auch von der Freiwurflinie waren heute unterirdisch und wohl der Situation und Bedeutung der Partie geschuldet. Was toll war, dass wir zum ersten Mal einen größeren Rückstand drehen konnten. In den Wochen zuvor haben wir oft resigniert, wenn wir über 10 Punkte zurücklagen. Nun gilt es, weiter mit dieser kämpferischen Einstellung von heute zu agieren.


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