Oliver Rupprecht: Der Schmerz geht, die Begegnungen und der Stolz bleiben

Freitag, 14. Juni 2019, 12:10 Uhr Thorsten Franzisi

Mit 204 gelaufenen Kilometern erreichte der 55-jährige den 18. Platz im österreichischen Gols.

 

„Es sind die Begegnungen mit den Menschen, den Mitläufern sowie den Helfern, die Ultraläufe zu etwas ganz Besonderen machen“, resümiert der Sportphysiotherapeut Oliver Rupprecht nach Abschluss seines ersten 48-Stunden-Laufs. „Wichtiger als ein Sieg ist das gemeinsame Bewältigen der Strecke.“ Und so findet sich auch der passende Wahlspruch „Der Schmerz geht, der Stolz bleibt“ am Rande der Strecke.

 

48-Stunden der Extreme

Bei schwülwarmen Temperaturen traten am 31. Mai 2019 um 10 Uhr insgesamt 33 Teilnehmer*innen aus fünf Nationen an. Rupprecht legte mit gutem Tempo los und stellt nach den ersten 12 Stunden und 74 Kilometern Rupprecht fest, dass er viel zu schnell lief. Seine Bestleistung im 12-Stunden-Lauf liegt bei 76 Kilometern, er war also kaum langsamer unterwegs. Dies rächte sich kurz darauf durch Übelkeit und Darmbeschwerden als Zeichen der Überbelastung. So legte er die erste Pause ein.

Ausgeruht ging es mit der sogenannten Run-Walk-Run-Methode nach Jeff Galloway weiter durch die Nacht. Bei dieser Methode bekommt der Körper in Gehphasen immer wieder Gelegenheit zum Erholen und hält so auch extreme Distanzen gut durch. Außerdem bot sich Rupprecht dadurch die Gelegenheit, sich mit anderen Läufern auszutauschen. Nach den ersten 24 Stunden hatte er insgesamt 114 km bewältigt. Bei 24-Stunden-Läufen der letzten beiden Jahre hatte er 118 bis 132 km geschafft: Für ihn persönlich lag die Leistung also gut im Schnitt, obwohl er noch weitere 24 Stunden vor sich hatte.

Samstag Mittag gönnte sich Rupprecht eine größere Pause, um neue Energie zu tanken und der Mittagshitze zu entgehen: Essen, Duschen, alles neu eincremen, Nickerchen, nochmal eincremen und weiter. Interessanterweise nahmen die Schmerzen in den Gelenken mit zunehmender Laufdauer ab. Die körpereigenen Endocannabinoide und Endorphine taten wohl ihr Werk. Eine Massage-Pause genoß Rupprecht dann Samstagnacht um 22 Uhr. Das half ihm, die nächtlichen Stunden bis zum Sonntagmorgen durchzustehen … und dann war es geschafft!

Sechs Frauen und 27 Männer stellen sich den Strapazen des Laufs, sie legten in 48 Stunden zwischen 348 und 80 Kilometern zurück. Zusammengerechnet ergab das 6.933,651 km! Obwohl er einer der ältesten Läufer war, lag Oliver Rupprecht mit seinen 204 Kilometern gut im Mittelfeld.

 

Geringes Training machte die Teilnahme zur Herausforderung

Dass Rupprecht überhaupt durchhielt und sogar die 200-Kilometer-Marke knackte, hatte er vor dem Beginn des Laufes selbst stark bezweifelt. Die Vorraussetzungen waren schwierig: Die Arbeitsbelastung in seiner Physiotherapie-Praxis sind immens, selbst Freitags behandelt er teilweise bis 20 Uhr. Das reduziert seine Trainingseinheiten auf das Wochenende. Nur einen einzigen längeren Trainingslauf von 32 km schaffte er vor dem Lauf in Gols. Einen ersten Testlauf absolviert Rupprecht dann Ende April mit dem 6-Stunden-Benefiz-Lauf in Lassee bei Wien, den er mit der eigenen Bestleistung von 45,7 Kilometern abschloß.

 

Motiviert zu neuen Ufern

Trotz der schwierigen Ausgangslage war Rupprecht absolut motiviert, diesen ersten 48-Stunden-Lauf zu bewältigen und bis zum Ende durchzuhalten. Mit den Worten: „Ah, der Neue“, wurde Rupprecht bei der Anmeldung in die Gemeinschaft der extremen Ultraläufer aufgenommen. Viele Mitstreiter kennen sich bereits, sehr viele auch von Sechs-Tage-Läufen. „Ich war wahrscheinlich der einzige „Rookie“ -– also Frischling – über diese Distanz“. Umso erstaunlicher also die bewältigte Distanz, die in der Tat kein Spaziergang war.

Stolz ist er auf seine Leistung. Zeigt sie doch auch, dass man trotz immenser Arbeitsbelastung und arthrotischer Altersveränderungen sehr lange in Bewegung bleiben kann und sollte. Ultra-Laufen ist für Rupprecht wie Meditation, ein Eintauchen in einen anderen Bewusstseinszustand. Vieles, was man in solchen Extremsituationen erlebt und erfährt, lässt sich auch auf andere Lebensbereiche übertragen: Durchhaltevermögen, das Vertrauen in die eigene Stärke und der Wille, eine scheinbar nahezu unmögliche Herausforderung zu meistern. Die extrem lange Belastung und die dadurch erreichte Länge der Strecke hat einen besonderen Reiz auf die Läufer. So sagt auch Rupprecht: „Ich glaube, die 24 Stunden sind jetzt nicht mehr meine Lieblingsstrecke, es sind jetzt die 48 Stunden!“ Und so ist auch der nächste 48-Stunden-Lauf geplant: Vom 22. bis zum 24. August im französischen Privas.

 

Kontakt:

Oliver Rupprecht
www.in-balance-augsburg.de
Tel.: 0821 / 35 76 5
Mobil: 0176 / 700 429 35
E-Mail: oliver.rupprecht@web.de

Bilder: Christian Stolovits 


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