FC Augsburg dreht das Heimspiel gegen Werder Bremen

Samstag, 01. Februar 2020, 21:52 Uhr Thorsten Franzisi

Nach dem Schlusspfiff im Spiel des FC Augsburg gegen Werder Bremen sinkt Daniel Baier auf die Knie und haut vier-, fünfmal in den Boden.

Geschafft. Gewonnen. 2:1. Sieg! Hinterher erklärt der FCA-Kapitän seinen Jubel: „Das war einfach die pure Erleichterung. Vier Minuten Nachspielzeit, dazu hatte Bremen in der Schlussphase gefühlt vier Zwei-Meter-Leute drin. Da kann immer einer durchrutschen.

Ich war einfach wahnsinnig glücklich, dass wir das Spiel gewonnen und den kleinen Negativlauf gestoppt haben. Der war ja nicht wegzudiskutieren. Aber wir wussten auch, gegen wen wir da gespielt haben.“ Tatsächlich stand der FCA unter Druck. 2020 waren die Augsburger noch ohne Punkt, vor dem Spiel plädierte der Trainer auf Leidenschaft und Gier. Doch in der ersten Halbzeit war davon wenig zu sehen, Werder Bremen ging durch ein Eigentor von Tin Jedvaj sogar in Führung, sodass Martin Schmidt in der Pause zu einem ungewohnten Mittel greifen musste.

„Ich habe der Mannschaft gesagt, dass wir den Arsch hochbekommen sollen, denn viermal darfst du nicht verlieren.“ Entsprechend wurde es auch lauter. „Die Pfiffe zur Pause der Fans haben unheimlich wehgetan, aber das müssen wir annehmen. Das Team hat aber mit einer guten zweiten Halbzeit die richtige Reaktion gezeigt. Normalerweise bin ich in der Pause ganz normal, habe einen ruhigeren Ton: aufbauend, fragend, helfend. Aber es war mal etwas anders. Deutlicher.

Ich habe auch den einen oder anderen Spieler klarer angesprochen, um ein Zeichen zu setzen. Natürlich zu Spielern, die damit umgehen können, damit solch eine Reaktion kommt.“ Dabei wäre die Ansage des Trainers eigentlich gar nicht notwendig gewesen, meint Florian Niederlechner.

„Er hat uns zusammengeschissen und gleichzeitig gepusht. Aber normalerweise hätte er gar nichts sagen brauchen, denn jeder hat gewusst, was für einen Scheiß wir zusammengespielt haben. Er hat die richtigen Worte gefunden. Das hat man in der zweiten Halbzeit ja gesehen. Wir haben den Gegner brutal hinten reingedrückt.

Und auch wenn die erste Halbzeit nicht gut war, ist der Sieg verdient.“ In den zweiten 45 Minuten brachte Schmidt mit Alfred Finnbogason nicht nur einen zweiten Stürmer, sondern auch ein Geburtstagskind. Der Isländer feierte seinen 31. „Er ist ein Wahnsinnsstürmer. Vor ihm hat jeder Respekt. Er hat eine Ausstrahlung und eine brutale Laufstärke“, lobte Niederlechner seinen Kollegen.

Zwar gelang dem Isländer kein eigenes Tor, mit einem Geniestreich legte er aber den Siegtreffer auf: „Ich habe versucht mich anzubieten. Insgesamt haben wir in der zweiten Halbzeit schlauer gespielt. Davor waren wir zu passiv. Ich bin heiß, zu starten. Nur Spiele bringen mich weiter. Meiner Schulter geht es gut. Ich trage eine Schiene, die gefährliche Bewegungen verhindert, während des Spiels denke ich schon gar nicht mehr an sie. Das ist das Positivste.

“Ein weiterer Hauptakteur war Andreas Luthe, der für den Grippe-Kranken Tomas Koubek in den Kasten rückte. Für Luthe war es der erste Saisoneinsatz – und geht es nach ihm, soll es nicht der letzte sein: „Es hat sehr viel Spaß gemacht. Ich stehe sehr gerne mit den Jungs auf dem Platz. Wenn ich jetzt sagen würde, dass ich keinen Anspruch darauf habe, zu spielen, dann würde ich mich aus der Verantwortung nehmen. Das habe ich nie gemacht. Ich war immer da, wenn ich gebraucht wurde – auch in wichtigen Situationen. Ich muss einfach schauen, wie es weitergeht und ob ein Wettkampf um die Position gewünscht ist.“

Zur Aufmunterung erhielt Luthe sogar eine Nachricht von Konkurrent Koubek. „Er hat mir Glück gewünscht und meinte, dass das Spiel easy werde. Damit hatte er nicht ganz unrecht, denn viel hatte ich ja nicht zu tun gehabt“, grinste der Schlussmann. Stellt sich die Frage, wie Martin Schmidt entscheiden wird. Schon am Freitag geht es nach Frankfurt. Bleibt Luthe im Kasten? Der Schweizer will sich die Option offen halten. „Von Anfang an war klar, dass wir auf Tomas setzen. Die Entwicklung in der Hinrunde war für uns gut. Jetzt war er krank und somit war der Wechsel erzwungen. Aber wir wussten, dass Andi bereit ist. Das kann er. Das hat er bewiesen. Er kann nicht nur eine Nummer zwei sein. Wir müssen schauen, wann Tomas zurückkommt. Noch liegt er im Bett. Er wird Dienstag, Mittwoch ankommen, wir haben eine kurze Woche. Reicht das? Ich werde sicherlich auch nur einen fitten Torhüter reinstellen. Das werden wir im Laufe der Woche entscheiden.“ Gut möglich also, dass Luthe noch eine weitere Chance erhält.

Werbung machte der Keeper für sich jedenfalls, der anschließend einen Einblick in sein Innenleben gab: „Es war definitiv schwierig zu warten. Die Verpflichtung von Tomas kam eine Woche vor Pokalstart. Ich hatte sieben Wochen Vorbereitung, in der ich alles gegeben habe. Aber es gibt in der Bundesliga einfach solche Phasen. Da muss man durch. Ich habe mich nie beschwert, bin nie laut geworden und habe das so akzeptiert. Am Ende wird es belohnt. In den letzten Jahren war es bei uns auf der Torhüterposition einfach unruhig. Wer sich da zurücklehnt und sich mit der Nummer zwei zufrieden gibt, der ist fehl am Platz. Ich möchte aktiv daran mitwirken, dass wir die Klasse halten. Ich könnte nicht in den Spiegel schauen, wenn ich mich da zurücklehne.“ Text Dennis Amedowski - Augsburg Journal / Fotos Carmen Dammasche-Gerstmeyr


zurück