Saisonvorschau Augsburger Panther

Freitag, 14. September 2012, 11:48 Uhr Thorsten Franzisi

Umbruch trotz vieler bekannter Gesichter

Das letzte Mal, als die Augsburger Panther dermaßen viele Spieler wie in der uns bevorstehenden Saison halten konnten, wurden die Mannen um Larry Mitchell Vizemeister. Natürlich wäre dieser Anspruch schon von Haus aus absolut vermessen. Doch auch ansonsten, und das mag beim ersten Blick auf die vielen Spieler, die gehalten werden konnten, schnell dem Großteil der Fans entgehen, gibt es relativ wenig Parallelen zum Vizemeisterjahr.


Zum ersten sollte man nicht die Tatsache vergessen, dass das Team des letzten Jahres hauptsächlich über den Kampf in das Spiel fand, während die Mannschaft von 2009 spielerisch mehr zu bieten hatte und damit das Gerüst, auf welchem die Vizemeistermannschaft aufgebaut wurde, ein gänzlich anderes war. Vor allem das Toreschießen fiel Zeiler & Co. im letzten Jahr besonders schwer, zu viele Chancen mussten erarbeitet werden, um zum Torerfolg zu kommen, da oft schlicht und ergreifend die individuelle Klasse fehlte. So reagierte Larry Mitchell und holte mit Ryan Thang, Peter MacArthur und Stephen Werner Spieler, die das spielerische Element etwas stärken sollen. Als Preis bezahlt man hierfür die Tatsache, dass man in der Verteidigung nur noch mit einem Ausländer an den Start gehen kann, was dann gleichzeitig den zweiten großen Unterschied zum Übergang 2008/09 auf 2009/10 macht:

Die Grundausrichtung des Kaders wurde verändert. Jetzt mag das Argument kommen, dass die Qualität eines Eishockeyspielers sicherlich nicht von seiner Nationalität abhängt, aber es ist nun mal Tatsache, dass in Augsburg nicht das nötige Kleingeld vorhanden ist, um einen starken Ausländer mit einem gleichstarken Deutschen zu ersetzen. Nichts desto trotz hat man sich daran versucht: Patrick Ehelechner soll den überragenden Tyler Weiman im Tor ersetzen, in der Abwehr soll Rob Brown Christian Chartiers Aufgaben übernehmen.

Da letzteres ein etwas schwieriges Unterfangen zu werden scheint, hat man durch die Verpflichtung von J.D. Forrest als Ersatz für Justin Fletcher versucht, sich hier nochmals zu verbessern. Der Preis, den man für eine Verbesserung des Sturms zahlen musste, ist damit klar. Daher wird der Erfolg der kommenden Saison auch viel davon abhängen, ob Rob Brown sich mental an das Tempo der DEL gewöhnen und ob J.D. Forrest die hohen Erwartungen erfüllen kann. Im Prinzip hat man die drei wichtigsten Spieler in der Defensive (Torhüter, Verteidiger Nummer 1 und 2) ausgetauscht, während man in der Vizemeistersaison mit Chartier und Likens zwei Eckpfeiler halten konnte.

Torhüter
Wie in den vergangenen Jahren auch wird Leonardo Conti wieder den Posten des Ersatztorhüters einnehmen. Der groß gewachsene Backup ist aus Augsburg eigentlich nicht mehr wegzudenken und absoluter Publikumsliebling. Dabei zeigte er in seinen wenigen Einsätzen in den letzten Jahren durchwegs passable Leistungen. Sollte der etatmäßigen Nummer Eins - Patrick Ehelechner - allerdings etwas passieren, kann man davon ausgehen, dass die Panther handeln werden. Eben jener Patrick Ehelechner wäre vor zwei bis drei Jahren in Augsburg noch undenkbar gewesen, zu gefragt war der gebürtige Rosenheimer in der DEL. Doch nachdem Ehelechner letztes Jahr mit seinem damaligen Team, den Ice Tigers aus Nürnberg, nur den letzten Platz belegte und diese sich gleichzeitig den letztjährigen Augsburger Schlussmann, Tyler Weiman, angelten, schlugen die Panther zu. Dabei hatte Ehelechner nicht einmal große Schuld am Versagen seines Teams, die einhellige Meinung aus Nürnberg war, dass er vielleicht nicht so überragend gehalten hat, wie er es in der Vergangenheit tat, aber dennoch grundsolide.

Nun ist generell bekannt, dass der Torhüter im Eishockey einen dermaßen großen Anteil am Mannschaftserfolg hat, wie in keiner anderen Teamsportart. Gerade in Augsburg sind erfolgreiche Jahre immer mit starken Torhütern verbunden, so dass mit Recht gefragt werden muss, ob "Paddy" Ehelechner diesen Part spielen kann. Aber zum einen hat Ehelechner schon bewiesen, dass er einer der besten Torhüter der Liga sein kann, zum anderen ist er für einen Torhüter noch vergleichsweise jung und drittens ist Mitchell dafür bekannt, dass er aus den Torhütern alles „rauskitzeln“ kann. Verbindet man dies mit der Tatsache, dass man sich in Zeiten der Reduzierung der Kontingentstellen auch noch eine eben solche spart, so wird schnell klar, warum Mitchell Ehelechner unbedingt nach Augsburg holen wollte. Sollte Ehelechner wieder zur Normalform auflaufen, könnten die Panther hier tatsächlich einen dicken Fisch an Land gezogen haben. Und selbst falls Ehelechner in seiner Leistung stagniert, so hat man wenigstens einen grundsoliden Torhüter, der einem zumindest keine Spiele verliert. Als dritter Mann steht wieder Eigengewächs Dennis Berger im Aufgebot, spielen wird er höchstwahrscheinlich nicht.

Verteidigung
Wie bereits angedeutet verließen mit Justin Fletcher und Christian Chartier gleich beide Spielmacher den Verein. Ersetzt werden sollen sie durch J.D. Forrest und Rob Brown (der letztes Jahr schon gegen Saisonende DEL-Luft schnuppern durfte). Forrest deutete bei seinen ersten Auftritten in der Vorbereitung bereits an, dass er offensiv das Zepter in die Hand nehmen kann, genauso erkennbar war aber auch, dass er defensiv gerne arg passiv und körperlos agiert. Durch die neue Konstellation in der Verteidigung steigt die Verantwortung für Rob Brown. Der ehemalige Kaufbeurer, der in seinem ersten Jahr mental einige Aussetzer hatte, wird diese unbedingt reduzieren müssen, soll die Augsburger Abwehr funktionieren. Beide werden natürlich auch im Powerplay fungieren, hierbei werden sie mit ziemlicher Sicherheit von Daryl Boyle unterstützt, der hier seine größte Stärke hat, namentlich sein Schuss. Boyle zeigte in der Vergangenheit oft zwei Gesichter, er wird im zweiten Jahr an der Stabilisierung seiner Leistungen arbeiten müssen. Die drei eher offensiv ausgerichteten Verteidiger (wobei Boyle seine Stärken eher bei Überzahl als bei 5 gegen 5 hat) werden dabei von Steffen Tölzer und Heimkehrer Michi Bakos unterstützt, die ihnen den Rücken freihalten und dem Gegner körperlich zusetzen sollen.

Gerade Bakos hatte in der Vorbereitung bereits einen guten Eindruck hinterlassen und war oftmals Fels in der Brandung. Das Fragezeichen bei ihm heißt nicht Leistung, sondern ob er gesund bleiben kann. Die spannendste Frage wird aber sein, wie sich der junge Patrick Seifert entwickelt. Gerade gegen Ende der letzen Saison spielte das Eigengewächs bärenstark und auch wenn auf Grund der mangelnden Schusskraft nie wirklich Torgefahr von ihm ausgehen wird, zeigte er sowohl defensiv, als auch offensiv ungemeines Potential. Komplettiert wird die Verteidigung durch Tobi Draxinger, der es nur schaffen müsste, sein Talent aufs Eis zu bringen und Manuel Kindl, der vorerst noch niederklassig Eiszeit erhalten wird. In Augsburg wird man immer mit Fragezeichen leben müssen, seit Larry Mitchell allerdings an der Macht ist, verwandelten sich die Fragezeichen öfter in Ausrufezeichen als sonst. Dennoch muss in der diesjährigen Verteidigung schon alles passen, um einigermaßen das Niveau des vergangenen Jahres zu erreichen, dafür konnte man aber wie gesagt im Sturm aufrüsten:

Sturm
Die gute Nachricht vorneweg. Vom spielerisch (kämpferisch konnte keinem etwas vorgeworfen werden) enttäuschenden letztjährigem Sturm konnte die einzige Reihe, die Torgefahr und Kreativität versprühte, komplett behalten werden. Der bissige Sergio Somma wird auch dieses Jahr wieder mit seinem enormen Zug zum Tor für das ein oder andere Erfolgserlebnis sorgen, während der Denker und Lenker der ersten Reihe, Brian Roloff seine technische Klasse und sein gutes Auge unter Beweis stellt. Gespannt sein darf man aber vor allem auf Mario Trabucco. Der gebürtige Venezuelaner ist mit allem Talent dieser Welt gesegnet: Starker Schlittschuhläufer, stocktechnisch eine Augenweide und noch dazu ausgestattet mit einem krachenden Schuss. Er hätte das Potential zu einem richtigen Star, steht sich aber oft durch mangelndes Defensivverhalten und Puckverliebtheit selbst im Weg. Sollte er lernen, öfter eher den effektiven, anstatt den spektakulären Weg zu gehen (und dabei auch ein Auge für den Mitspieler zu haben), so könnte aus ihm einer der besten Stürmer der Liga werden.

Ebenfalls den Weg zurück nach Augsburg haben die beiden Kumpels John Zeiler und T.J. Trevelyan gefunden. Zeiler, der sich in Augsburg schnell auf Grund seiner krachenden Hits zum Publikumsliebling entwickelte, hat offensiv mehr Potential, als er letztes Jahr zeigte. Man kann von ihm aber nicht verlangen, spielerisch seine Nebenmänner mitzureißen und genau das hätte er letztes Jahr tun müssen. Findet man passende Nebenspieler an seiner Seite, könnte das „Kampfschwein“ auch offensiv überraschen. Selbiges gilt auch für Trevelyan. Als Torjäger geholt kam der bullige Kanadier nie auf Touren. Dafür machte er sich aber ebenfalls als unermüdlicher Arbeiter einen Namen und blockt unzählige Schüsse. Trevelyan hat Zeit seines Lebens aber eben auch schon Tore geschossen. Mit zwei guten Spielern an seiner Seite wird Trevelyan mit Sicherheit für das ein oder andere „dreckige“ Tor gut sein.

Ein passender Nebenmann könnte zum Beispiel gut Neuzugang Peter MacArthur sein, den Larry Mitchell schon seit mehreren Jahren beobachtet und der mit seinem guten Auge seine Mitspieler in Szene setzen soll. In der Vorbereitung hielt er sich allerdings noch eher zurück, hatte nur wenige auffällige Szenen, was ihm aber auf Grund der Umstellung auf das europäische Eishockey gegönnt sei. Zwischen MacArthur und Trevelyan könnte sich ein weiterer Neuzugang wieder finden: Stephen Werner steht auch nicht zum ersten Mal auf dem Wunschzettel von Larry Mitchell, doch vergangenes Jahr entschied er sich auf Grund des besseren Angebots für Wolfsburg. Dort plagte in sprichwörtlich die Seuche, kaum ein Spiel hatte er keine Beschwerden. Dementsprechend wenig gefragt war er im Frühjahr, so dass Mitchell die Zeit nutzte und ihn für verhältnismäßig wenig Geld nach Augsburg zu lotste. In der Vorbereitung deutete er bereits mehrfach sein Können an und sollte Werner gesund bleiben, könnte er zu einem ganz wichtigen Baustein werden. Ebenfalls gute Ansätze zeigte Ryan Thang, der den nach Wolfsburg abgewanderten Greg Moore ersetzen soll. Thang ist ebenso wie Moore ein defensiv starker Spieler, machte aber von Beginn an technisch einen besseren Eindruck. Ob er allerdings die 20 Tore von Moore ersetzen kann, muss der Kanadier, der letztes Jahr sogar noch einen Einsatz in der NHL hatte, erst einmal beweisen.

Wenig Veränderung gab es auf dem deutschen Segment. Peter Flache, einer der besten Fighter der DEL, kehrt bereits für seine dritte Saison nach Augsburg zurück. Der bully- und unterzahlstarke Flache hatte die vergangenen Jahre hauptsächlich sporadische Einsätze mit der vierten Reihe und half auch mal als Verteidiger aus (und dies sogar richtig gut). Dieses Jahr will er aber offensichtlich aber mehr Verantwortung und hat so hart trainiert wie noch nie. Larry Mitchell belohnte diesen Eifer und ließ Flache in der Vorbereitung stets in den ersten drei Reihen spielen und tatsächlich wirkte der fast 2 Meter Riese sehr schnell und spritzig und stach in der Vorbereitung besonders hervor. Hoffentlich kann er den Schwung mit in die Saison nehmen, zu wünschen wäre es dem sympathischen Deutsch-Kanadier. Sollte das nicht klappen, verfügen die Augsburger in ihm aber immer noch über einen guten Mann für die vierte Reihe. Auch Chad Bassen und Kyle Helms werden ihre Zelte dieses Jahr wieder in Augsburg aufschlagen und ebenso wie Flache haben sie Ambitionen in den vorderen Reihen mitzuspielen. Während der kleine Helms eher durch Spielintelligenz zu überzeugen weiß, fällt Bassen eher durch seine unglaubliche Geschwindigkeit auf.

Sollte Flache wirklich im Tempo der Vorbereitung weiterspielen, könnte es dieses Jahr tatsächlich zum ersten Mal seit langem in Augsburg wieder eine vierte Reihe geben, die regulär Spielzeit erhält und damit die ersten Reihen entlastet. An der Seite von Helms und Bassen könnte dann entweder Florian Schnitzer oder Neuzugang Maximilian Schäffler einen Platz finden. Schnitzer, der Pechvogel der vergangenen Jahre, hat in Augsburg bereits bewiesen, dass er ein starker Defensivstürmer ist, der sich 100% in den Dienst der Mannschaft stellt. Die Frage wird sein, wie seine Gesundheit mitspielt. Schäffler ist ein Talent aus dem Kaufbeurer Nachwuchs und will sich in der DEL beweisen. Er und Schnitzer werden sich um den letzten Platz im Kader streiten, wobei auch Andreas Farny noch ein Wörtchen mitreden will. Das Augsburger Eigengewächs zeigt bereits vielversprechende Ansätze, sollte aber noch lieber Eiszeit in einer unteren Liga sammeln.

Fazit:
Die Augsburger Mannschaft wird – wie immer – eine kleine Wundertüte sein, auch wenn es dieses Jahr vermehrt bekannte Namen gibt. Im Sturm müssen Mitchells Neuzugänge dafür sorgen, dass der Unterschied zwischen Aufwand und Ertrag für einen Torerfolg im Vergleich zum letzten Jahr deutlich geringer wird. Nach einer Eingewöhnungsphase sollte dies allerdings möglich sein. Die spannendere Frage wird lauten, ob der Trainer es schafft, Patrick Ehelechner wieder zu überragender Form zu verhelfen und ob Rob Brown mit der großen Verantwortung umgehen kann, gleichzeitig darf J.D. Forrest nicht floppen. Dann steht einer erfolgreichen Saison nichts mehr im Wege.


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