Augsburger Panther - Nichts für schwache Nerven

Montag, 31. Dezember 2012, 11:09 Uhr Thorsten Franzisi

Bei einem Punkt kann man sich sicher sein: Nach dem gestrigen 5:4 Sieg der Augsburger Panther im Derby vor 5164 Zuschauern gegen die Straubing Tigers dürfte die Wahrscheinlichkeit recht hoch gewesen sein, dass manch einer einen Zug mehr an Zigarette oder Bier genommen hat. In dem nervenaufreibenden Krimi verspielt die Panther erst eine 3:0 Führung nach zwei Dritteln, nur um das Spiel in den letzten beiden Minuten wieder zu drehen.

Überraschende Rückkehr von Forrest
Zu Beginn gab es erst einmal positive Kunde. Der langzeitverletzte Nummer-1-Verteidiger J.D. Forrest kehrte erstmals wieder in den Kader zurück, seine Spielmacherfähigkeiten hatten den Augsburgern die letzten Wochen doch arg gefehlt. Nach einem Straftraining unter der Woche merkte man den Jungs um Larry Mitchell ab Sekunde eins an, dass sie ihrem Coach beweisen wollten, dass sie ihre Lektion gelernt haben. So entwickelte sich ein hochintensives, wenn auch nicht gerade hochklassiges Spiel, mit viel Geschwindigkeit und Härte. Eine der wenigen Torchancen zu Beginn hatte John Zeiler, der nach einem schönen Querpass von Ryan Thang in Richtung Tor startete, sein Tipp In ging allerdings über das Tor. In der siebten Spielminute war es wieder die Reihe um Thang, Zeiler und Flache die Druck machte: Letzterer setzte sich im Zweikampf hinter dem Tor durch und spielte vor selbiges, wo der Puck bei Michi Bakos landete, der aber aus bester Schussposition nicht gegen seinen alten Verein einnetzen konnte.

Spielanalyse von
Robert Ott



Aus einer ähnlichen Situation (allerdings noch näher am Tor) scheiterte wenig später auch Stephen Werner, Passgeber von hinter dem Tor war diesmal T.J. Trevelyan. Den Straubingern auf der Gegenseite gelang offensiv im wahrsten Sinne des Wortes gar nichts, selbst als die bis dahin tadellos verteidigenden Augsburger etwas zu passiv agierten, setzte Calvin Elfring den Schlenzer aus zentraler Position am Kasten von Leo Conti vorbei. Und so dauerte es bis zur 14. Spielminute, ehe die Panther verdientermaßen in Führung gingen. Ausgangspunkt war wieder einmal ein gewonnener Zweikampf, Somma nutzte die daraus resultierende Zeit und timte einen perfekten Querpass vors Tor, wo Derek Whitmore die Hartgummischeibe direkt unter die Latte zum 1:0 hämmerte. Wenig später hätte es 2:0 stehen müssen, wieder hatte Somma stark quergelegt und so fand sich J.D. Forrest mutterseelenallein vor Gästekeeper Bacashihua wieder, entschied sich aber für einen Querpass, der leider nicht sein Ziel fand. So ging es mit einer verdienten 1:0 Führung in die Pause.

Straubing weiter ohne Gegenwehr
Auch im zweiten Drittel sollte sich wenig am Bild ändern. Zwar hatten die Straubinger die erste Chance in Person von Rene Röthke, der allerdings einen guten Pass von hinter dem Tor von Karl Stewart verstolperte, danach spielte aber nur noch Augsburg. In Überzahl tauchte Rob Brown zuerst völlig frei vor Bacashihua auf - der Straubinger Goalie konnte allerdings den Schlenzer von halbrechts mit der Schulter entschärfen – wenig später aus dieser Situation resultierend bekam aber Stephen Werner den Puck und steckte weiter zum frei vor dem Tor wartenden T.J. Trevelyan, der aus kurzer Distanz zum 2:0 einschoss (24.). Die Augsburger gewannen die Mehrheit der Zweikämpfe, teilweise war es schon etwas wild, wie sich die Abwehrrecken der Straubinger gegen selbst die kleinsten Augsburger anstellten.

So auch beim 3:0 in der 28. Spielminute: Der kleine Sergio Somma setzte sich mehrfach gegen Sebastian Osterloh hinter dem Tor durch, zog anschließend vor selbiges und zog ab, der Abpraller fiel Tobi Draxinger vor die Schlittschuhe, der kurzen Prozess machte und Bacashihua den Puck unter der Fanghand hindurch zirkelte. Mehr als die Hälfte des Spiels war mittlerweile vorbei und von den Straubinger immer noch nicht viel zu sehen (auch eine Einladung von Peter Flache zum Kampf wurde von Straubing in Person von Sebastian Osterloh ausgeschlagen), im Gegenteil: In der 31. Spielminute überlief Steffen Tölzer die Verteidigung der Tigers und sein Querpass zu Ryan Thang verpasste nur Millimeter sein Ziel, sonst hätte es wohl 4:0 gestanden. Nach sage und schreibe 35 Minuten dann die erste gefährliche Aktion der Straubinger: Grant Lewis fuhr mit viel Geschwindigkeit über rote und blaue Linie und zog direkt ab, sein Schlagschuss konnte von Conti allerdings pariert werden, wenn auch mit Glück, schließlich trudelte der Schuss nach Contis Abwehr durch den Torraum, allerdings am Tor vorbei. Lewis hatte wohl nun Blut geschmeckt, den wenige Augenblicke später war wieder er es, der aus guter, zentraler Schussposition mit einem Handgelenksschuss knapp am Winkel vorbeizielte. Also noch Sandro Schöneberger freistehend vor dem Tor (allerdings schwach abgeschlossen) an Conti scheiterte, wachten die Panther wieder auf. Begünstigt durch lange Wechsel der Straubinger schnürten die Panther die Straubinger wieder in ihr Drittel, Chancen durch Werner (geblockt), Roloff (drüber), Whitmore (gehalten) oder Trevelyan (ebenfalls gehalten) fanden allerdings nicht den Weg ins Tor, so dass es mit einem – in dieser Höhe auch verdienten – 3:0 in die Kabine ging.

Panther verspielen wieder einen Vorsprung
Dass aber eine 3-Tore-Führung im letzten Drittel nicht unbedingt drei Punkte bedeutet, sind die Fans in den letzten Wochen gewöhnt. Und sie sollten nicht „enttäuscht“ werden. Basierend auf individuellen Fehlern kamen die Straubinger zurück ins Spiel: Nach einem Aufbaupass zu Germyn stand Michi Bakos zuerst falsch und verhielt sich anschließend auch noch relativ schwach im Zweikampf, so dass Germyn frei vor Conti auftauchte und diesen zum 1:3 tunnelte, da war gerade einmal eine Minute im Schlussabschnitt gespielt. Nach einem Stockfehler von Forrest hatte Beechey eine weitere Chance, zu verkürzen, visierte dabei aber Contis Maske an. Die vergebene Chance sollte der Ex-Augsburger aber wenig später wieder gut machen.

Nachdem Boyle und Forrest im eigenen Drittel die Übersicht verloren tauchte er erneut frei stehend vor Conti auf und schob per Handgelenksschuss flach zum 2:3 ein (44.). Den Fans schwante nun Übles, so sag es wohl auch Larry Mitchell, der sofort eine Auszeit nahm. Doch selbst gepaart mit einer eigenen Überzahl sollte dies nicht wirken. Dabei hatten die Panther zunächst noch Glück, als bei einem Konter der Puck über Stewarts Kelle sprang, sonst wäre dieser völlig frei vor Conti aufgetaucht. Diese Glück war dann aber wenig später aufgebraucht: Nach einem Schlagschuss von Carsen Germyn, den Conti nur nach vorne abwehren konnte, gewann Schöneberger vor dem Tor den Zweikampf und stocherte in Unterzahl zum Ausgleich ein. Das Tor war sinnbildlich für den Spielverlauf. Während die Augsburger in den ersten 40 Minuten nahezu jeden Zweikampf gewannen, verloren sie nun fast alle. Zum Glück der Augsburger gab es anschließend mehrere etwas längere Unterbrechungen, die die Straubinger etwas aus ihrem Rhythmus brachten.

Verrückte Schlussphase
So konnten die Augsburger sich nicht nur befreien, sondern fanden auch offensiv wieder etwas ins Spiel. Die beste Chance vergab dabei T.J. Trevelyan, der nach einem feinen Querpass völlig frei vor dem Tor stehend am Puck vorbeischlug. Besser, aber immer noch nicht gut genug, machte es in einer ähnlichen Situation Sergio Somma, der knapp am Tor vorbeischoss. Eine weitere Überzahlsituation der Augsburger blieb ungenutzt, wiederum Trevelyan hatte hier die beste Chance, allerdings wurde sein Handgelenksschuss stark von Bacashihua per Fanghand entschärft. Und nachdem vorne kein Glück dazukam, kam hinten noch Pech hinzu. Ein Klärungsversuch in einer harmlosen Situation blieb am Schlittschuh des Schiedsrichters hängen, die Augsburger wurden völlig außer Position erwischt und Daniel Sparre sagte „Danke“ und schoss aus kurzer Distanz zum 4:3 ein (58.).

Wieder hatten die Augsburger einen 3-Tore-Vorsprung im letzten Drittel verspielt, so dass einige Fans bereits verärgert das Stadion verließen. Ein Fehler. Eine relativ unnötige, aber zurecht gegebene Strafzeit gegen Calvin Elfring hauchte den Panthern nochmals Leben ein: Larry Mitchell nahm sofort Leo Conti vom Eis, so dass mit doppelter Überzahl weitergehen konnte. Nach dem wichtigen Bullygewinn konnten sich die Straubinger erst noch bei Bacashihua bedanken, der einen von Trevelyan abgefälschten Brown Hammer in Weltklasse-Manier entschärfte, aber anschließend legte Stephen Werner (nach schneller Kombination mit Peter MacArthur) quer vors Tor und John Zeiler stand goldrichtig und fälschte zum 4:4 Ausgleich ab (59.). Und es war ja noch nicht Schluss. Exakt 16 Sekunden vor Schluss marschierte Stephen Werner ins Straubinger Drittel und ließ zunächst mit einer guten Körpertäuschung Benedikt Brückner schlecht aussehen, mit dem vorhandenen Freiraum brachte er den Puck flach vors Tor und Bacashihua im Straubinger Tor ließ den prinzipiell harmlosen Schuss durch die Hosenträger rutschen. 5:4. Unfassbar. Das Spiel war erneut gedreht. Das Curt-Frenzel-Stadion glich einem Irrenhaus und die Augsburger fuhren wichtige drei Punkte im direkten Kampf um die Play-Offs ein. Hoffentlich geht das im neuen Jahr auch mit weniger nervlicher Anspannung…


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