Die Bedeutsamkeit der Fans

Donnerstag, 27. März 2014, 11:09 Uhr Thorsten Franzisi

Fans sind das Blut, aus dem der Sport besteht. Ohne sie geht es einfach nicht. Sie singen im Stadion, auf dem Trainingsplatz, beim Hallenturnier. Sie organisieren ihre Auswärtsfahrten, sie entwickeln Choreographien, setzen sich dafür ein, dass allen eine tolle Atmosphäre im Stadion geboten wird und sorgen sich – natürlich – um das Wohl des Vereins. Soweit der romantisch verklärte Blick von Fußball und seinen vielleicht wichtigsten Protagonisten abseits des Spielfeldes. Nicht ganz. Denn es gibt auch Stimmen, die sagen, dass man auf den Fan verzichten könne, nicht aber auf die zahlungskräftigen Sponsoren, die mit ihren Investitionen sowohl in Steine als auch Beine maßgeblich an langfristigem, sportlichen Erfolg beteiligt sind. Aber wie weit ist es Investoren „gestattet“, sich in deutsche Profivereine einzukaufen? Wo hört der Sport auf und wo fängt das Geschäft an. Hier werden nun einige Beispiel genannt, anhand derer man versuchen kann, die Zukunft in der höchsten Liga des Landes zu definieren.

50+1 Regel
Diese Zahl steht für etwas sehr Elementares im deutschen Fußball, denn sie beschreibt die prozentuale Mehrheit, die der Verein für sich behalten muss. Hintergrund dieser Regelung ist dahingehend begründet, dass die Deutsche Fußball Liga (DFL) keine englischen, spanischen und italienischen Verhältnisse bei ihren Mitgliedern haben möchte. Denn in der englischen Premier League (und eigentlich auch in der zweiten und dritten Liga) gibt es schon lange keine Vereine mehr, die „ganz normal“ in den Händen des Vorstandes und des Aufsichtsrat liegen, sondern immer regelmäßiger von externen Interessensgemeinschaften geleitet werden.

So wurde der traditionsreiche FC Liverpool von dem amerikanischen Unternehmen New England Sports Ventures gekauft, die außer einer Gewinnmehrung bei späterem Verkauf des Vereins keine anderen Interessen verfolgen werden, daher kann man ausgehen. Die Fans von Liverpool liefen vorher regelrecht Sturm ob der verursachten Probleme der bisherigen Eigentümer und konnten tatsächlich für einen Verkauf sorgen, aber wie lange sie noch ihre Sicherheit haben werden bleibt abzuwarten. Daher ist das deutsche Prinzip bei vielen echten Fans auch immer noch so beliebt. Denn der Verein bleibt im Besitzanspruch.



Zwar gibt es zwei sehr bekannte Werksmannschaften in der Bundesliga mit Bayer Leverkusen (der Sponsor befindet sich bereits im Namen) sowie den VfL Wolfsburg, die durch ihren VW-Standort in den Genuss vieler Millionen kommen, die sie in teure Beine investieren können. Auch hier regen sich seit Jahren viele Menschen auf, dass diese Vereine die 50+1 Regelung umgehen, besonders der Chef von Hannover 96, Martin Kind, ist schon lange für die Aufhebung dieser Regel. Eine seiner Prämissen ist, dass man dadurch mehr Investoren an Land ziehen kann, um die Bundesliga auch im internationalen Vergleich attraktiver zu machen. Dass er dabei vergisst, wie erfolgreich die Bundesliga und auch die Nationalelf in den vergangenen Jahren gewesen ist, trotz deutlicher weniger finanzieller Möglichkeiten, zeigt auch wieder auf, dass es sich bei den Wünschen von Herrn Kind lediglich um eifersüchtige Machtkämpfe handelt. Auch andere Vereinsvorsitzende, wie Heribert Bruchhagen von der Eintracht aus Frankfurt, bemängelt seit langem die Verteilung der Gelder in der Bundesliga, will aber zugunsten der Selbstständigkeit darauf verzichten, sich oftmals dubiose Geldgeber in die eigenen Reihen zu holen.

Vereine wie die TSG Hoffenheim und die viel kritisierte RB Leipzig haben die Regel zwar nicht gebrochen, aber vor Allem den ambitionierten Mitarbeiter von Red Bull ist es zu verdanken, dass sich in Leipzig gerade schon alle auf Bundesliga-Fußball einstellen. Denn dort geschieht etwas, was vor wenigen Jahren in Deutschland noch gänzlich unvorstellbar gewesen ist. Ein reicher Sponsor hat mal so eben einen insolventen Verein in einer sonst nicht vom Profifußball gesegneten Stadt gekauft, schnell das Logo und den Namen geändert und mit viel Geld in der Hinterhand geht es nun auf die Jagd den großen sportlichen Idolen hinterher. Warum die Fans gegen diesen Retorten-Verein nicht auf die Barrikaden gehen, um einer Entfremdung der eigenen Philosophie und der sportlichen Mentalität des deutschen Fußballs Einzug zu verweigern? Ganz einfach, denn der RB Leipzig hat seine Statuen so geändert, dass man es als normaler Fan nicht mehr schaffen kann, Mitglied im Verein zu werden. Lächerlich hohe Aufnahmekosten und dazu das Veto des aktuellen Vorstandes (alles handverlesene Mitarbeiter des Energy-Drink-Konzerns) macht es einem unmöglich, aktiv in die Geschehnisse einzugreifen.

So bleibt die Anzahl der Mitglieder bei dynamischen 8 Menschen stehen, natürlich lassen sich dadurch Entscheidungen viel unproblematischer durchsetzen. Man kann zu diesem Kunstverein stehen wie man will. Aber sie wissen scheinbar genau, wie sie agieren müssen, um auf der einen Seite nicht mit den Statuen der DFL Probleme zu bekommen und auf der anderen Seite ganz entspannt ihre eigene Philosophie auf der Fußballlandkarte vertreten zu dürfen. Den Fans wird es auf Dauer egal sein, immerhin bekommen sie zunehmend ansprechenden Fußball in der Region geboten. Denn da der Verein quasi aus dem Nichts entstanden ist, kann es natürlich auch noch keine tief verwurzelte Fanbasis geben, die gegen irgendetwas rebellieren kann.

Ein ganz anderes Beispiel, wie Fans versuchen, ihren geliebten Verein zu retten und positiven Einfluss zu nehmen kann aktuell beim traditionsbekleideten Hamburger SV betrachtet werden...

Die Raute im Herz, aber den Verein ausgegliedert
Kein Tag, ohne dass der HSV nicht in den Schlagzeilen auftaucht. Trainer entlassen, Vorstand kündigt, Spieler wissen nicht mehr weiter...man möchte aktuell nur ungern in den Schuhen derer sein, die nach wie vor versuchen, den Verein aus dem Gröbsten rauszuholen. Dass ihre Arbeit natürlich nicht von allen so verstanden wird, dürfte keine Überraschung darstellen. Und genau hier wollen wir einsteigen, denn anhand der neuen Initiative „HSVPlus“ lässt sich wunderbar erklären, wie Fans teilweise aktiv in die Vereinsarbeit involviert sind und diese zu ihren Gunsten ausrichten will. Bei dieser Initiative reichen sich Fans wie du und ich, aber auch Juristen sowie Experten in Wirtschaftsfragen die Klinke in die Hand.



Ihr Ziel: den Dino gemeinsam wieder nach vorne (und irgendwann gar nach Europa) bringen. Wie jede Revolution muss auch hier erst mal das Bestehende eingerissen werden, in diesem Fall also die geplante Ausgliederung der Lizenzspielerabteilung und eine flachere Hierarchie mit mehr Entscheidungsrechten für die Fans. Denn Fußball lebt von und für die Fans, so steht es ja auch schon im Eröffnungsplädoyer. Ob sich der Erfolg dabei auf Dauer überhaupt einstellen wird, bleibt heute noch unbeantwortet. Zu häufig schon wollten Fans aktiv Einfluss nehmen und sind über kurz und lang an den bestehenden Statuen und Dynamiken der Vereine gescheitert. Aber wenn es schon nicht direkt im Verein geht, dann hat man als normaler Fan ja immer noch die Chance, sich in den Fan-Initiativen zu engagieren...

Fan sein ist mehr als nur singen
Wer heute ins Stadion geht, will oft nur 90 Minuten gut unterhalten werden. Aber für viele beginnt mit dem Schlusspfiff bereits die Vorbereitung auf den kommenden Sonntag. Denn auch dann ist ja wieder Spieltag und vieles muss in Angriff genommen werden. So gehören das Erstellen von Choreographien und das Anmieten von Fanbussen (bei Auswärtsspielen) genau wie Diskussionen und Treffen mit Vereinsvertretern zum Alltag eines engagierten Fußballfans hier in Deutschland. Was darf man ins Stadion bringen, welche Route darf auf dem Weg hinein eventuell nicht genommen werden, gibt es vielleicht gar Probleme mit anderen Fans. All das sind Themen, bei denen sich auch die Fans aktiv mit einbringen können und wollen. Denn nur wer mündig ist, der kann auch etwas bewegen. Selbstredend geht auch hier der Kampf immer häufiger gegen Windmühlen, denn die Interessen von Vereinsoffiziellen und Fans sind meist nicht identisch.

Ein interessantes Beispiel wie Fans sogar noch viel direkter Einfluss nehmen als lediglich mit einer Stimme bei der Jahreshauptversammlung hatte es vor wenigen Jahren beim Amateur-Verein Fortuna Köln gegeben. Unter dem Motto „deinfussballverein“ wollte man beweisen, dass basisdemokratische Entscheidungen auch im Leistungssport möglich sind. Aktiv in die Kaderplanung konnte man eingreifen, selbst der Transfermarkt war nicht gänzlich außer Reichweite. Die Idee war interessant, das Konzept leider bereits nach wenigen Jahren aber schon wieder nicht weiter umsetzbar, an zu vielen Hürden ist es letzten Endes gescheitert. Das eine Basisdemokratie sich nicht mit den Vorstellungen jener solventen Sponsoren vereinbaren lässt sollte nun als Fakt angesehen werden. Was dabei aber helfen könnte, wäre ein ganz kurzer Blick nach Berlin, zur Union. Da haben die Fans einfach schnell selber mit Hand angelegt und ihr halbes Stadion eigenhändig saniert und teilweise neu gebaut. Alles nur aus Liebe und Hingabe zum Verein – und natürlich auch aus Kostengründen.



Beispiele wie diese zeigen deutlich, dass sowohl Fans als auch Vereine aufeinander angewiesen sind, um auf Dauer irgendwas zu bewerkstelligen. Sei es aktive Teilnahme an den sport(politischen) relevanten Aspekte in der eigenen Stadt oder die Auseinandersetzung mit Politik im Stadion. Denn noch immer sind Stadien ein Anlaufpunkt für Menschen mit zweifelhafter Gesinnung. Doch auch hier gehen Fans immer häufiger ganz entschlossen gegen so etwas an. Da werden weitere Initiativen gegründet, um bestimmte Klamottenlabels nicht rein zulassen und Themenabende organisiert, um auch allen Anderen die Thematik bewusst zu machen.

Schon am Montag steckt es in dir drin Der ganz normale Eventfan denkt nicht die ganze Zeit an Fußball. Der echte Fan lebt die ganze Zeit für den Fußball und seinen Verein. Es ist Hingabe und teilweise Aufgabe. Es ist Liebe und Leid, ganz eng beieinander. Fußball ohne Fans ist wie Kino ohne Popcorn, ist wie Wetten ohne Einsatz. Es geht einfach nicht ohne. Aber auch ohne Geld funktioniert es leider nicht, daher werden sich beide Parteien immer miteinander befassen müssen. Und wenn alle das Gleiche wollen, dann werden auch alle miteinander klar kommen, ähnlich wie bei BWIN, denn auch dort kann es für alle klappen. Denn Fußball ist mehr als nur 90 Minuten.


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