Von der Faszination des Ultralaufens

Montag, 14. September 2020, 11:38 Uhr Wilfried Matzke

Die Viktoria-Langstreckler sind nach dem Lockdown wieder erfolgreich unterwegs

Läufe jenseits der Marathondistanz von 42,195 Kilometern heißen in der Kurzform „Ultra“. Ultraläufer schwärmen von diesen Herausforderungen, welche Nicht-Ultraläufer als verrückt bezeichnen. Immer beliebter werden die Ultratrails. Das sind Landschaftsläufe, die sich nach den topografischen Gegebenheiten richten, oft mit vielen Höhenmetern.

Mittlerweile zählt man rund 11.000 aktive Ultra-Langstreckler in Deutschland. Rund zwei Dutzend starten im Trikot der schwäbischen Läuferhochburg TG Viktoria Augsburg. Auch sie freuen sich, dass nach dem Lockdown wieder einige Ultra- und Trail-Wettkämpfe angeboten werden. Die vier Protagonisten der TG Viktoria heißen Christoph Lux, Sybille Mai, Svenja Gliem und Udo Pitsch.

 

Christoph Lux gehört als einer der besten deutschen Ultraläufer zum Nationalkader. Beim Soonwald-Ultratrail kürzlich in Rheinland-Pfalz triumphierte er zum dritten Mal in Folge. Der 42-Jährige absolvierte in 5:41 Stunden die 63 Kilometer mit 2.100 Höhenmetern. „Ich habe den von mir gehaltenen Streckenrekord erheblich verbessert“, freut sich Lux. Im Vorjahr glänzte er im schweizerischen Basel mit einer Weltklasse-Leistung von 252,8 Kilometern im 24-Stunden-Lauf.

 

Sybille Mai konnte schon bekannte Ultraläufe gewinnen. Sie vollbringt weiterhin Top-Leistungen, obwohl sie vor eineinhalb Jahren mit der Diagnose Multiple Sklerose (MS) konfrontiert wurde. Beim Weidatalmarathon vor Kurzem in Thüringen überzeugte Sybille Mai wieder einmal als schnellste Frau. Die 38-Jährige brauchte 4:31 Stunden für die 46 Kilometer und 810 Höhenmeter. „Die teilweise extremen Ultralauf-Erfahrungen sind für alle Lebensbereiche äußerst wertvoll“, weiß Sybille Mai.

 

Svenja Gliem ist eine erfolgreiche und in den Online-Medien stark präsente Trail-Spezialistin. Kürzlich startete sie beim Hartfüssler-Trail, einem renommierten Ultralauf-Event in Saarbrücken über 58 Kilometer mit 1.654 Höhenmetern. Svenja Gliem verpasste um 41 Sekunden den Frauensieg. Mit ihren 5:48 Stunden musste sich die 30-Jährige nur Rebecca Lenger vom SV Altenahr geschlagen geben. „Pure Lauffreude nach sechs Monaten ohne Wettkampf“, berichtet Gliem.

 

Udo Pitsch zählt zu den bekanntesten Ultra-Routiniers. Der 67-Jährige startete vor kurzem ebenfalls im Saarland. Beim Saar-Ultralauf absolvierte er in 12:59 Stunden die 100 Kilometer quer durch das kleine Bundesland. Für Udo Pitsch war es sein 101. Ultramarathon. Den bisher anspruchsvollsten Wettkampf schaffte er im Jahr 2016, nämlich den berühmten Spartathlon über 246 Kilometer von Athen nach Sparta. „Weil ich es will und weil ich es kann“, sagt Pitsch zu seiner Passion.

 

Sportmediziner zum Ultralauf

 

Was meint nun ein Mediziner zum Ultralauf? „So extreme Belastungen bedürfen einer sehr langen Anpassung von Körper und Psyche. Außerdem müssen die genetischen Faktoren passen“, erläutert Dr. Andreas Weniger. Der Augsburger Sportmediziner mit seiner Praxis in Diedorf rannte 1985 eine Marathon-Topzeit von 2:12 Stunden. „Für die Mehrheit der gut trainierten Läufer sind maximal zwei Marathons pro Jahr vernünftig“, betont Dr. Weniger.

 

Ultralauf in Kürze

 

Ultraläufe gehen über eine Strecke länger als der Marathon von 42,195 km. Als wichtigster Wettbewerb gilt das Rennen über 100 km auf der Straße. Am populärsten wurden überlange, oft bergige Landschaftsläufe, sogenannte Ultratrails. Zum Meisterschaftsprogramm des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV) gehören die 50 km, die 100 km, der 24-Stunden-Lauf und der Ultratrail. Auch eine Ultralauf-Bundesliga mit zehn Wertungsrennen wird ausgetragen. Im Jahr 2018 belegte die TG Viktoria Augsburg den zehnten Tabellenplatz unter 102 Vereinen. 

 

Text: Wilfried Matzke / WM

fotocredit: vom Orga-Team Eiger-Ultratrial: Christoph Lux beim Eiger-Ultratrial


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