Der FC Augsburg - Die Mannschaft ist gefragt!

Mittwoch, 27. Oktober 2021, 12:12 Uhr Marc Gerstmeyr

Rasensprenger: Die Kolumne des Bundesligisten FC Augsburg von Moritz Winkler

Nach dem 1:4 Debakel in Mainz herrscht beim FC Augsburg nun Krisenstimmung. Zum wiederholten Mal wurden die Fuggerstädter von einem Gegner vorgeführt, der sicherlich nicht zu den absoluten Favoriten in der Bundesliga gehört. Darum ist jetzt vor allem die Mannschaft gefragt.

Nur die Vorspeise
Eines vorneweg. Ich habe mir für diesen Text extra ein paar Tage Zeit genommen. Schließlich ist es alles andere als zielführend, emotionsgeladen und frustriert auf die Mannschaft einzuhauen. Und doch ist auch bei mir die Enttäuschung noch nicht ganz abgeklungen, über das, was der geneigte FCA-Fan von seiner Mannschaft am Freitag zu sehen bekam. Aktiv wollte man sein, bissig und gierig bis zum Schluss. Alle diese Tugenden wurden auf dem Platz auch gezeigt, allerdings von der gegnerischen Mannschaft.


„Wir waren für die Mainzer heute nur die Vorspeise!“, so fasste Rafal Gikiewicz die Leistung der eigenen Mannschaft nach dem Spiel zusammen. Einen treffenderen Vergleich hätte man kaum finden können. 0:3 stand es nach 45 Minuten, und sind wir einmal ehrlich: Wenn es zu diesem Zeitpunkt 0:5 gestanden hätte, hätte sich auch niemand beschweren können. Trainer Markus Weinzierl erklärte danach auf der Pressekonferenz, dass man so kein Bundesliga-Spiel bestreiten könne. Eine Aussage, die einem seltsam vertraut vorkommt, wenn man sich an vorherige Auftritte gegen Hoffenheim und Freiburg zurückerinnert.


Präsident Klaus Hofmann sprach in der vergangenen Woche auf der Mitgliederversammlung davon, dass man sich zwei Jahre lang systematisch das Fußballspielen abgewöhnt habe. Harte Worte, die man so sicher nicht erwartet hätte. Vielleicht wollte der FCA-Boss damit auch die eigenen Spieler etwas reizen, damit sie ihm am Freitag das Gegenteil beweisen. Stattdessen lieferten sie ihm den Tiefpunkt der bisherigen Saison.


Es kommt auf jeden einzelnen an
Doch genug über den vergangenen Freitag geredet, das Geschehene lässt sich ohnehin nicht mehr rückgängig machen. Die Frage muss lauten, wie man aus dem aktuellen Formtief wieder herauskommt. Ein erster Schritt wäre es zweifelsohne, die Situation so anzunehmen, wie sie ist. Und das heißt, sämtliche Europaträume und Hoffnungen auf eine ruhige Saison vorerst zu begraben. Natürlich sehnen sich sowohl Fans als auch Spieler nach mehr als dem alljährlichen Abstiegskampf, doch auch das hat uns der vergangene Dienstag gelehrt: Beim FC Augsburg ist alles andere als der Kampf um den Klassenerhalt ein absoluter Bonus. Mit rund 45 Millionen Euro hat man auch nach elf Jahren einen der kleinsten Spieleretats der Liga.


Damit eine Mannschaft wie der FCA also überhaupt eine Chance hat, muss sie über das Kollektiv kommen, um die fehlende individuelle Klasse im Vergleich zu den Größeren der Liga wettzumachen. Zweikampfführung, Laufleistung und Kampfgeist sind hier die Stichworte. Kurz um: Der FCA muss ein wieder unangenehmer Gegner sein!


Wie das funktioniert, haben der SC Freiburg und Mainz 05 den Schwaben schonungslos vor Augen geführt. Beide Mannschaften standen von Beginn an voll fokussiert auf dem Platz, hatten eine klare Spielidee und blieben über 90 Minuten aggressiv und gierig. Eine solche Mentalität wird bei den Augsburgern bisher noch schmerzlich vermisst.


Gerade deswegen ist nun jeder einzelne Spieler in der Pflicht, sich selbst zu hinterfragen. Mit Daniel Caligiuri, Andre Hahn, Tobias Strobl, Rafal Gikiewicz und Kapitän Jeff Gouweleeuw stehen eigentlich genug erfahrene Akteure auf dem Platz, die in solchen Situationen die Mannschaft wachrütteln könnten. Ein richtiges Aufbäumen sah man zuletzt jedoch immer nur vom Augsburger Schlussmann.


Aber auch die jungen Spieler sollten hier nicht gänzlich aus der Verantwortung genommen werden. Den Satz: „Ich möchte hier beim FC Augsburg den nächsten Schritt in meiner Entwicklung machen“, hört man von fast jedem Talent, das in der Fuggerstadt anheuert. Zu einer solchen Entwicklung gehört allerdings auch, dass man nach einem Gegentor nicht direkt abwinkt und den Kopf hängen lässt, sondern sich selbst und seine Mannschaftskollegen aufrüttelt und den nächsten Zweikampf erst recht angeht.


Eine Trainerdiskussion ist aktuell fehl am Platz
Diese Tugenden haben den FC Augsburg einst ausgemacht und ich persönlich habe am Freitag neben unserem Torwart nur eine einzige Person gesehen, die sie verkörpert hat. Markus Weinzierl. Der 46-Jährige hat sich an der Seitenlinie förmlich zerrissen und pausenlos seine Mannschaft angetrieben. Noch vor einem halben Jahr ging es da an der Trainerbank mitunter genauso mausgrau zu wie auf dem Platz.


Albert Einstein hat einmal gesagt: „Die Definition von Wahnsinn ist, immer wieder das Gleiche zu tun und andere Ergebnisse zu erwarten.“ Das nur als Hinweis für all diejenigen, die jetzt schon wieder nach dem 9. Spieltag eine Entlassung des Trainers fordern. Der FCA hatte in den letzten fünf Jahren fünf verschiedene Trainer. Was sollte jetzt auf die Schnelle unter einem sechsten besser werden?


Stattdessen muss der Impuls nun aus der Mannschaft selbst kommen. Wie Gikiewicz nach dem Spiel richtig sagte: „Das ist keine Frage des Systems oder des Trainers. Wenn man keine Zweikämpfe bestreitet, kann man kein Spiel gewinnen. Der Trainer hätte in der Halbzeit elf Spieler auswechseln können. So darf es nicht weitergehen!“


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